Sonntag, 28. Januar 2018

Fahrgeräusche

 Mari steigt ein.
"Hallo, Auto.
Wir fahren heute zum Schwimmbad."
Ruckel den Sitz zurecht,
stell die Spiegel ein.
Kind auf dem Beifahrersitz
beobachtet mich schweigend.
Auto an,
Rückwärtsgang,
wenig Platz, in der Tiefgarage.
Lenken, gucken, lenken, gucken,
links gucken, rechts gucken, hinten gucken, vorne gucken,
Spiegel gucken und wieder von vorn.
Kaum rollen die Räder,
Auto:
"piep - - - piep - - - piep"
Mari:
"Ruuuuuhig, Weißer..."
Auto:
"piep - piep - piep - piep - piep - piep"
Mari:
"Gaaaaaanz langsam.... Da geht noch was...."
Auto:
"piep-piep-piep-piep-piep-piep-piep-piep-piep-piep-piep-piep-piep"
Mari:
"Herrgott, reg' dich doch nicht so auf, du Schisser..."
Auto:
"Piiiiiiiiiiiiiiiiiieeeeep!!!"
Bremsen, vorwärts fahren, lenken, gucken ....
Auto:
"piep - - - piep - - - piep"
Mari:
"Ja doch. Gleich ha'm wir's doch geschafft..."
Auto:
"piep - piep - piep - piep - piep - piep"
Mari:
"Schschsch..."
Kind:
"Mama?"
Hoppla. Das klingt besorgt.
Bremsen.
Kind angucken.
"Hm?"
"Mama,...
sprichst du eigentlich auch mit dem Auto, wenn du alleine drin sitzt?"

Öhmmmm....

Ich fürchte, ja.

Aber wenigstens popel ich nicht in der Nase,
wenn ich an der roten Ampel stehe!


Schöne Zeit!

;O)

Mari

 

Samstag, 27. Januar 2018

Wir bremsen (auch) für Tiere

Tach, Zusammen.

Wie Ihr wisst,
sind wir im Sommer umgezogen.
Seitdem hat unser Wohn/Arbeits/Esszimmer eine Tür
und keine Treppe mit Vorhang mehr.
Fanden wir auf Anhieb vorteilhaft.
Nun ist diese Tür jedoch aus Glas.
Eine dicke, schwere, spiegelglatte, durchsichtige Scheibe.
Hat den Vorteil,
dass tagsüber, auch wenn sie geschlossen ist, etwas Licht in den Flur fällt.
Hat den Nachteil,
dass man "durchsichtig" nicht sehen kann.
Der Mensch ist nur geringfügig intelligenter als die gemeine Stubenfliege.
In einem Moment gewissenhaft die Tür hinter sich schließen,
im nächsten, völlig gedankenlos und volle Omme, vor die Scheibe rennen.
Das schmerzt.
Deshalb klebten bereits diverse Dinge in Augenhöhe.
Ein Taschentuch, Post-Its, eine Halloween-Maske, ein Weihnachtsstrumpf
und nun, um dem hoffentlich baldigen Frühling
einen Schritt entgegen zu kommen:
Warn-Karnickel.


Ihr kennt doch diese Fensterfolie.
Die, die für Menschen wie mich erfunden wurde.
Also Leute, die selten Fenster putzen
und ungern Gardinen waschen möchten.
Nachdem ich zwei Fenster in der Wohnung damit beklebt hatte,
blieben Reste übrig.
Reste, die ich mal wieder nicht wegschmeißen konnte.
Kannmanjanochmalgebrauchen.
Und jetzt sieht man mal:
Manchmal, also ganz selten, stimmt das tatsächlich!
Die Vorlagen für die Hoppel habe ich auf Pinterest entdeckt.
Ob es die da auszudrucken gibt,
weiß ich gar nicht.
Hab ich nicht probiert.
Ich habe Papier in geeigneter Größe gefunden und
sie frei Hand aufgemalt.



Dann auf die Fensterfolie gepaust,
ausgeschnitten,
mit dem Kind gemeinsam das halbe Zimmer unter Wasser gesetzt,
um die Häschen bläschenfrei an die Tür zu bappen
und mich dann gefreut.



Kind hat bereits Bedarf für sein Zimmer angemeldet.
Guuuut, dass es noch mehr Fensterfolie gibt!



Fehlt noch der buchhändlerische Aspekt.
Doch, doch.
Muss sein.
Jedes -also wirklich JEDES- Thema der Welt,
lässt sich unter diesem Aspekt betrachten.
Hier fände ich die Frage nach dem Buchtitel spannend.
Wie hieße ein solches Bastelbuch?
"Wir bremsen (auch) für Tiere"
"Warnung vor der Türe"
"Mit Folienresten durch das Jahr"
"Undurchsichtige Gestalten"
"Türen öffnen - nicht einrennen"
...
Noch Vorschläge?


Schöne Zeit !

;O)

Mari



Mittwoch, 24. Januar 2018

Was weh tut, tut auch gut?

Physio-Man bohrt mir den Finger unters Schlüsselbein
und stochert in meinen Nervenbahnen,
bis es mir im kleinen Finger klingelt.

"Ich kann Ihnen sagen,
warum ich das hier gerade tue..."

Mari:
"Weil Sie ein Sadist sind?"

Physio-Man:
"Harharhar
Da hätten Sie doch gar nichts von..."

Und ob.
Schlaflosigkeit durch Schmerz,
zum Beispiel.
Ich bin undankbar,
ungerecht,
unsachlich und
ununun...
ich weiß...

... aber vor all dem bin ich
so verflucht müde.

Schöne Zeit!

;0)

Mari

Dienstag, 16. Januar 2018

21, 22, drüberatmen

Gestern.

Kind steigt 7:20 Uhr in den Bus,
ich laufe weiter, in den großen Supermarkt.
Selber Schuld, wenn die um 7 Uhr öffnen...
Kann ich auch jetzt meine Paprika für's Abendbrot kaufen.
Bin beinahe die einzige Kundin.
Ein paar Typen in Blaumännern,
die sich ein Brötchen aus der Selbstbedienung gegraben haben,
eine junge Mutter mit Kleinkind im Buggy,
ein paar Teenies, die sich 'ne Cola kaufen.
Eigentlich müsste im Laden entspannte Stille herrschen,
aber aus den unsichtbaren Lautsprechern dröhnt eine Coverversion von U2s "One".
An der Kasse angekommen, staut es sich ein kleines bisschen,
alle wollen so schnell wie möglich weiter weiter weiter.
Das Kassenpiepsen ist so unerhört laut und schrill,
dass ich bei jedem Artikel,
den die Kassiererin über den Scanner zieht,
die Augen zusammenkneifen muss.
Wie bei plötzlichem Zahnschmerz.
Dazu jault eine Frauenstimme undefinierbare Kapriolen um die Melodie des Liedes herum.
Zur Hochfrequenz reicht es leider nicht,
es ist nur nahe dran und deshalb schmerzhaft.
So stehen wir paar Leutchen schweigend an der Kasse und
um uns herum tobt der Lärm.
Ich möchte schreien:
"Ruhe, verdammt nochmal! Mach doch wenigstens mal einer die Scheißmusik aus!".
Stattdessen gröhle ich der Kassiererin zu: "Aufrunden, bitte!".
Hab's passend, schnell raus hier. Uff.
Auf dem kurzen Heimweg erreicht mich eine Textnachricht des Kindes:
"Hab Bauchschmerzen. Schwummig. Mir geht es nicht gut."
Ich rate ihm, ruhig zu bleiben und erstmal die Mathearbeit in der ersten Stunde abzuwarten.
Danach geht es einem Fünftklässler erfahrungsgemäß wieder besser.
Arme Wurst.
Bissken Haushalt.
Waschen und so.
9 Uhr abwarten, dann öffnen die meisten Praxen.
Letzte Woche Mittwoch habe ich für Mom bei einer Physiopraxis nachgefragt,
ob sie auch Hausbesuche machen.
Die Dame am Telefon konnte mir das nicht beantworten,
da müsse sie erst nachfragen,
von wegen Kapazitäten und so,
sie oder Chefin würden dann zurückrufen.
Würden sie. Eventuell. Haben sie aber nicht.
Ich hätte ja nachgefragt,
aber seitdem läuft der Anrufbeantworter gleich nach dem ersten Klingeln.
"Das Telefon ist zur Zeit nicht besetzt..."
Na gut, vielleicht krank geworden, was weiß ich.
Schwinge mich an den Hörer und versuche erneut mein Glück.
Es klingelt nur unendlich lange.
Vermutlich ist mittlerweile der Aufnahmespeicher voll.
Nochmal nochmal nochmal probieren.
Erfolglos.
Irgendwann rufe ich Mom an.
Will nur fragen,
ob sich bei ihr jemand gemeldet hat.
Komme aber nicht dazu.
"Weisst Du, was ich gerade gemacht hab???"
"Öhm... Nööö!?"
"Ich wollte Kaffee kochen. (sprich: aufbrühen)
Dazu hole ich mir alles ran und setze mich auf den Rollator. (Mhm.)
Da sitze ich dann aber ziemlich niedrig. (Joah, stimmt.)
Und der Wasserkocher ist so schwer.
Das ist mir vorher nie aufgefallen. (Zartes Alarmglöckchenläuten)
Den muss ich dann mit beiden Händen hochheben,
damit ich das Wasser in den Filter gießen kann. (ringringring)
Da kann ich den Filter nicht festhalten. (möööööpmööööpmööööp)
Und da stoße ich doch glatt mit dem Wasserkocher an den Filterrand,
der Filter kippt um und der ganze heiße Kaffee landet auf meinem Oberschenkel!
(lalüüüülalaaaalalüüüülalaaaa)
Was sagst du dazu?
Wie blöd muss man sein.

Bist du noch da?"

"Wie jetzt?
Was?
Du hast dir den Oberschenkel verbrüht??"

"Ja klar!
Ich kam da ja auch nicht weg.
Hatte ja artig die Bremsen am Rollator angezogen...
Den nächsten Kaffee hab ich mir mit der französischen Drückkanne gemacht.
Dass immer erst was passieren muss, bevor man dazulernt..."

"Aaaaber...
Wie jetzt?
Was?
Du hast dir den Oberschenkel verbrüht??"

"Die Krankenpflege war auch noch nicht da.
Hat die nicht gesagt, die kommt um halb neun?"

"Ja, doch...
Aber dein Bein!!!"

"Ich sitze hier und warte auf die... "

klingeling!

"Das wird'se sein!
Bis später mal!"

???
Wie jetzt?
Was?
Die hat sich den Oberschenkel verbrüht??
Ja ist die denn wahnsinnig???"

Erstmal Kaffee.
Aus Padmaschine.
Feigling, ich.

Weiter telefonieren.
Physiophon.
Es geht jemand ran!
"Hab letzte Woche schon... Hausbesuch blabla"
"Ah ja. Ich sehe hier die Notiz.
Die Kollegin konnte das letzte woche nicht mehr bearbeiten,
morgen ist sie aber wieder da und meldet sich."
Hm.

Telefon bimmelt,
Mom ruft zurück.
Am Apparat ist aber nicht sie selbst,
sondern die Krankenpflege.

"Hallöööchen!
Hat ihre Mutter ihnen schon erzählt,
was sie für 'nen Mist veranstaltet hat?" (Mom lacht laut im Hintergrund)

Ich jammer.
"Jaaaaa.
Wie sieht das aus?
Ist das groß?"

"Naja, so doppelte Handfläche,
würd' ich sagen.
Wirft auch schon Blasen...
Ich hab das versorgt und verbunden,
ihre Mutter braucht aber neue Brandsalbe..."

"Wuuuähhhh... Und jetzt?
Wie geht's weiter???"

"Och wissen'se...
Das bleibt jetzt erstmal so.
Ihre Mutter hat so geniales Heilfleisch...
Und wegen der Wunde an der Ferse:
Ich würde den Termin im Wundzentrum erstmal wieder absagen.
Das sieht so toll aus, heute...
Ich komm dann - wie vorher geplant - Mittwoch zum Verbinden wieder
und behalte auch den Oberschenkel im Auge.
Der Hausarzt will ja im Laufe der Woche auch vorbeikommen.
Sobald sich irgendwas wieder verschlimmert, ...
sie hat ja die Überweisung und die Termine gibt's ja recht schnell..."

"Echt?
Ich muss sie nicht da hinbugsieren?"

"Nöööö. Würd' ich nicht machen...
und ich ziehe das Wundzentrum gern zu Rate...
und ich bin auch regelmäßig mit Patienten dort,...
aber so, wie die Ferse heute aussieht,
brauchen sie sich und ihrer Mutter den Stress nicht anzutun."
("Na, Gott sei Dank!", klingt's aus dem Off.)

 Na, Gott sei Dank.
Die haben für morgen Schneeschauer angesagt.
Und Mom in ihren Gesundheitsschläppchen...
Mir fällt der Brocken vom Herzen
und ich sage den Termin im Wundzentrum ab.
Das klappt erstaunlich schnell.
Gute Leute.

Ich kann nicht anders,
ich rufe mein Cousinchen an,
missbrauche sie als seelischen Blitzableiter.
Ich schnattere und flattere aufgeregt mit den Flügeln,
sie hört sich alles an und
streichelt mir beruhigend das Köpfchen...
Alles wird gut.

Telefon schellt.
Mom.

"Ich wollte dir nur sagen:
die Psychiotante hat angerufen.
Die können keine Hausbesuche mehr annehmen."

Ich kann mich gar nicht richtig darüber beömmeln,
dass meine Mom das Wort "Physio" einfach nicht über die Lippen bringt.
Ich bin beleidigt.

Also muss eine andere Praxis ran.
Es geht schon schwer auf die Mittagszeit zu.

Neben dem schon bekannten:
"Ich bin nur der AB und außer mir ist hier jetzt gerade keiner.",
und:
"Hausbesuche? Theoretisch: ja, aber wir sind hoffnungslos überlastet, deshalb praktisch: nein."
 bekomme ich richtig hilfreiche Tipps, wie:

"Versuchen sie es doch mal in den großen Therapiezentren..."
"Welche Therapiezentren???"
"Hier in Duisburg?"
"Äh... Ja klar!"
"Ja da weiß ich jetzt auch nicht..."

Oder

"Gucken sie doch einfach mal im Internet."

Oder

"Nee, bis in den Nachbarstadtteil fahren wir nicht..."

Oder

"Ich würd' da einfach mal anrufen..."

Danke an Alle.
Das versuchen wir also heute nochmal.

Ich bin genervt.
Das Kind ist mittlerweile Zuhause.
Mittagessen.

Wir sichten gemeinsam die Hausaufgaben.
Die Englischlehrerin hat wohl eine falsche Aufgabennummer diktiert,
die passt nicht zu dem, was sie machen sollen.
Fehler passieren.
Kind findet die richtige Aufgabe,
fängt aber mit Musikhausaufgaben an.
Die sind liegengeblieben.
Er hat sich nämlich am Wochenende für Bio
mit seinem ersten Säulendiagramm herumgeschlagen.
Das war nicht leicht, kann ich Euch sagen,
denn das Kind hat einen Fluchtreflex vor großen Zahlen.
Die vorgegebene Einheit: 1mm für 5000 Tierarten
jagte ihm eine Heidenangst ein.
Da muss man ihn wie ein scheues Fohlen heranführen...
Gestern also nur Musik und Englisch.
Kind meint, das ginge alles schnell.
Telefon.
Grundschulkumpel weiß nicht,
was es mit Englischaufgabe auf sich hat.
Kind: Laberlaberlaber.
Nächster Anlauf: Musikhausaufgaben.
Telefon.
Grundschulkumpel weiß nicht,
wie die Aufgabe gemeint ist.
Sollen sie sich jetzt in Echt über AGs an der Schule informieren
und darüber schreiben
oder sich was ausdenken?
Kind: Laberlaberlaber Internetseite der Schule Laberlaberlaber
Musikhausaufgaben...
Telefon.
Grundschulkumpel weiß nicht,
wie die Internetseite der Schule heißt.
Mit Punkt, Minus oder was?
Kind: Laberlaberlaber legt auf.

Mari: "Der tut ja so, als hätte der noch nie 'nen Computer gesehen..."
Kind: "Boah manchmal hasse ich den!
Der sagt, ich soll rausfinden,
wie die Internetseite richtig heisst und ihn dann anrufen.
Er muss nämlich noch Musik machen!"

"Hat der 'se noch alle??? Ich glaub' mein Schwein pfeift! Der soll..."

Mein Handy brummselt.
Die Mutter einer seiner Klassenkameradinnen schreibt mir über ein "soziales" Netzwerk.
Viele lustige Emojis,
eine ganze Reihe Lachgesichter sind dabei.
Hallihallohallöööööchen...
Wie habt "ihr" denn Bio gemacht???
Dieses Diagramm???
Schickst Du "mir" ein Foto davon???

Ich glaub, es hackt.
Ich schnaube.
Ich schimpfe.
Kind schnaubt.
Kind schimpft.
"Ja, sind denn alle bekloppt geworden?"
"Boah Mama! Soll ich den jetzt anrufen, oder nicht?"
"Sag mal... fühlt es sich bei dir auch so an,
als hätten WIR beide jetzt Zoff?"
"Ja."
Schluss.
Feierabend.
"Mach deine Aufgaben,
ich mach den Rest."

Ich rufe den Kumpel an.
Der ist 'ne Weile allein Zuhause,
deshalb triggert der so.
Ich mache ihm 'ne klare Ansage und gut.

Dann belüge ich eiskalt die Diagramm-Mutter.
"Tut mir leid,
Bio ist noch nicht fertig,
Hausaufgaben muss das Kind später machen,
sind noch unterwegs."
Ganz viele traurige, bedauernde Gesichter.

Mobile Daten: aus.

Kind macht Hausaufgaben.

Ich setze Brotteig an.

Kind packt die Tonne.

Ich mache noch schnell ein Foto von der Biohausaufgabe.

Der Hefeduft besänftigt.
 
Zum Abendessen gibt es frisches Weißbrot,
dazu für jeden einen Teller mit Paprikastreifen und Tzatziki zum stippen.

Gegen 19:30 Uhr schalte ich das Handy kurz wieder ein
und versende das Foto.

Antwort sofort.
Offenbar wurde weiter herumgefragt und man stellte zufrieden fest,
dass die Aufgabe offenbar auch anderen Müttern "zu hoch" war.
Die Kinder haben also schöne, bunte Diagramme gemalt.
Mal sehen, welche Prioritäten die Lehrerin setzt,
ausmalen findet das Kind nämlich zum Kotzen.

Gefühltes Fazit des gestrigen Tages:
So viel heiße Luft wie heißes Wasser.

Schöne Zeit!

;O)

Mari

Donnerstag, 11. Januar 2018

An die Wirbel, fertig los!

Physiotherapeuten.
Niederrhein und Ruhrgebiet
sind fest in der Hand niederländischer Banden.
Aus reiner Neugier wäre ich beinahe
beim Türken im Nachbarstadtteil gelandet.
Nur um zu sehen,
ob es dort auch einen niederländischen Mitarbeiter gibt.
Aber: Nachbarstadtteil, eben.
Zu umständlich.
Heute also mein erster Besuch in der Praxis umme Ecke.
Mein Physioman eröffnet mir schon nach kürzester Zeit:
"Ab dem dritten, spätestens vierten Wirbel,
ist ihre Wirbelsäule völlig steif, Frau Mariönkes.
Die müssen wir aufbiegen..."
Ich sichere den Fluchtweg
und sage freundlich lächelnd:
"Tut mir leid...
sie müssen mich mit jemandem verwechseln...
aufbiegen...
hört sich nicht gut an.
Ich glaub,
das will ich nicht..."
Er lacht, sagt: "Oh doch!",
und fordert mich auf,
auf dem Hocker vor ihm Platz zu nehmen.
Keine Widerrede.
Und dann biegt er mich auf.
Ich hege ja die Vermutung,
dass die Niederländer
ihre brutalsten Physiotherapeuten ausweisen.
Die siedeln sich dann,
möglichst heimatnah,
am Niederrhein und im Ruhrgebiet an.
Und weil ich auf dem Patientenfragebogen kundt tat, dass ich lernen will,
selbständig meinen Nackenschmerzen entgegen zu wirken,
bekam ich auch gleich
eine martialische Übung als Hausaufgabe auf.
Man sollte vorsichtig sein,
mit dem, was man sich wünscht.
Ich hab Nackenschmerzen bis unter den Haaransatz.
Wieder Zuhause,
ein bisschen Qualitytime mit dem Kind.
Nach den ganzen Omma-Tagen mal nötig.
Und was machen die Menschen am Rhein im Januar?
Genau.
Hochwasser gucken.
Ein Spaziergang an einem beinahe frühlingshaften Abend.
Bei der früh einsetzenden Dunkelheit
besonders stimmungsvoll.
Auf dem Rückweg Brötchen kaufen,
die sind legga zum Salat.
Morgen wieder bei Mom.
Sie klang heute am Telefon
gut gelaunt,  ausgeruht und aufgeräumt.
Sie bewegt sich, die Wassertabletten schlagen an.
Die Frau hat seit Montag  über 6 Kilo abgenommen.
Die Beine werden dünner,
sie hat beinahe ihr normales Gewicht zurück.
Wie erleichternd muss das sein.
Bruderherz hat heute wegen ihrer wunden Ferse
eine Überweisung zum Wundzentrum ergattern können.
Ich mach morgen mit ihr einen Termin für sie.
Muss jetzt Schmerztablette nehmen,
sonst nix schlafen.
Nix schlafen heißt
nix wollen bewegen.
Nix bewegen bedeutet
noch schlimmeres Aua.
Nix gut.

Gute Nacht!

;0)

Mari

Mittwoch, 10. Januar 2018

Weißes Kaninchen

Schnell, schnell.
Sachen packen.
Kind auf den Schulweg schubsen.
Auto fahren.
Frühstück kaufen.
Mom.
Zum Telefon greifen.
Doctor, Sanitätshausheini, Pflegedienst.
Nur teilweise erfolgreich.
Türe öffnen.
Pflegedienst.
Nicht das richtige Verbandszeug da.
Pflegedienst wieder weg.
Versuchen, ein bisschen Ordnung zu schaffen.
Mom das Frühstück bereitstellen.
Türe öffnen.
Pflegedienst, die Zweite.
Verbandszeug.
Listen schreiben.
Zum Doc.
Rezepte und Verordnungen ändern lassen.
Schwummig.
Schon fast 6 Stunden wach.
Mal das Frühstück essen.
Mit Rezepten und Verordnungen zum Pflegedienst.
So gut?
Jepp, so kann das was werden.
Parkplatz.
Rückwärtsgang.
Ausparkversuch.
Handy bimmelt.
Wer?
Kind.
Herrgott.
Der ist ja schon Zuhause.
Vorwärtsgang.
Wieder rein in die Parklücke.
Klassenarbeiten stehen an.
Hausaufgaben?
Jein.
Übungsaufgaben.
Kommst Du zurecht?
Englisch ja.
Mathe naja.
Also: Englisch jetzt machen.
Mit Mathe auf mich warten.
Wo bist Du?
Auf'm Parkplatz und spreche mit dem Auto.
Komme mir doof vor.
Hahaha.
Bis später.
Zweiter Ausparkversuch.
Handy bimmelt.
Sanitätshausheinifrau.
Rollator für die Wohnung?
Tut das wirklich Not?
Und ob.
Na gut.
Wo bleiben denn die anderen Sachen?
Welche anderen Sachen?
Toilettensitzerhöhung? Badewannenkrandingsbums?...
Öhm...
Gracious Goodness...
Liefertermin.
Bruderherz anrufen.
Kann aufhören, Sanitätshausheinidienst zu stalken, weil Liefertermin.
Feinkost Aldi.
Im zweiten Gang bimmelt das Handy.
Sanitätshausheinifrau nochmal.
Frohe Botschaft!
Der Rollator wurde schon bewillgt!
Wie toll.
Wir dachten, der sollte gestern schon geliefert werden hätte sollen sein müsste...
Weiter mit Einkauf.
Was bleibt bei Mom?
Was kommt mit nach Hause?
Sachen zu Mom.
Keine Zeit mehr, frisch bei ihr zu kochen.
Kind wartet, Mittagszeit schon längst vorbei.
Sie ist noch nicht hungrig.
Und sie hat ja noch Vorgekochtes von gestern.
Und kriegt ja auch noch.
Bruderherz übernimmt.
Bis morgen früh, dann.
Schnellster Weg?
Autobahn.
An der Ampel vor der Auffahrt:
Handy bimmelt.
Kind dran.
Kommst Du?
Bin gleich da.
Mathe üben.
Dabei Spitzkohl schnibbeln.
Kartoffeln schälen...
Pfanne anschmeißen.
Eigentlich müsste ich wieder los.
Gatten abholen.
10 Minütchen noch, dann sind wir fertig.
Mathe fertig.
Pack deine Schultasche und räum den Tisch frei.
Schluss für heute.
Rein ins Auto.
Gatten anrufen.
Fahre jetzt erst los.
Baustelle mit Ampel.
Na toll.
Bin bedient.
Gatte fährt ab jetzt.
Sprudelwasser kaufen.
Vor der Haustür, einen Moment im Auto sitzen bleiben.
All das hier erzählen.
In der Wohnung:
Abendessen fertig machen.
Kind dabei Lernkarten schreiben lassen.
24er-Reihe.
Nützlich, wenn man Tage in Stunden umrechnen soll.
Essen.
Küche.
Milchreis kochen.
Endlos rühren.
Dabei mit Kumpelmutter telefonieren.
Lagebericht.
Ihr Papa ist auch aus dem Krankenhaus raus...
Tomatensauce ansetzen.
Endlos köcheln lassen.
Eine Folge Star Trek.
Gute Nacht.
Seit 3 Uhr wach.
Rumwälzen bringt nix.
Aufstehen.
Kaffeedurst.
Eindeutig nicht die richtige Uhrzeit, um die eigene Bude zu putzen...
Oder den Tannenbaum mal abzuschmücken...
Morgen.
Mom rollt mir im Kopf herum.
Wie bei diesen Geschicklichkeitsspielen.
Die kleine Kugel aus Metall.
Eine kleine, humpelnde, Rollator-Mom mit Terminator-Knie und wundgelegener Ferse.
Zack.
Zeit ist rum.
Weißes Kaninchen muss jetzt duschen und den Tag beginnen.
Tomatensauce, Milchreis und Spitzkohlpfanne für Mom nicht vergessen...
Und Pflaster besorgen...
Und mal Krankenkasse anrufen...
Und Physio...
RollrollrollRollator-Mom...
Los geht's.
Keine Zeit keine Zeit.